Was plant die Große Koalition für Berlin?

Der Koalitionsvertrag der Berliner CDU und SPD liegen nun vor. Bei der Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 12.02.2023 erreicht die CDU 28,2% (52 Sitzen) und die SPD 18,4% (34 Sitze). Durch die Koalition wird das bisherige Bündnis aus den Linken, Grünen und SPD unter der Regierenden Bürgermeisterin Giffey abgelöst. Besonders zu erwähnen ist, dass das bisherige Bündnis weiterhin eine Mehrheit hätte stellen können.

Was plant die neue Hauptstadtregierung in den Bereichen Bauen & Wohnen?

Die Koalition sieht das bezahlbare Wohnen als große soziale Herausforderung und will sowohl mit schnellerem Neubau, sowie strategischem Ankauf darauf reagieren. Gleichzeitig wird auf „einen wirksamen Schutz von Mieterinnen und Mietern“ gesetzt.

Welche Vereinbarungen und Maßnahmen betreffen den Neubau?

An der „sehr ambitionierten Zielsetzung“ von bis zur 20.000 Wohnungen wird festgehalten. In diesen Zielvorgabe sind bis zu 25% Sozialwohnungen enthalten. 6.500 neue Wohnungen sollen durch die Landeseigenen Wohnungsgesellschaften (LWU) errichtet werden.

Das bisherige Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wird intensiviert. Berlin wird sich auch auf Bundesebene an einem entsprechenden Gremium beteiligen.

Sozialer Wohnungsbau

Der Anstieg des sozialen Wohnungsbaus durch den Bund wird begrüßt. Die Wohnungsbauförderbestimmungen werden so angepasst, dass eine angemessene Wirtschaftlichkeit der Immobilien erreicht wird.

Ergänzend zu bisherigen Fördermodellen wird eine weitere für mittlere Einkommen eingeführt.

Förderung von Genossenschaften

Durch eine zielgenaue Förderung der Genossenschaften soll der Erwerb von Genossenschaftsanteilen gerade für einkommens- und vermögensschwache Haushalte realisiert werden. Auch hier werden Landesförderprogramme weiterentwickelt.

Weitere Förderung sind für den Bau von Frauen-, Studierenden- und Azubi-Wohnheimen, sowie für Wohnungslose vorgesehen. Bis zum Ende der Wahlperiode im Herbst 2026 sollen bis zu 5.000 Wohneinheiten für Studierende und Auszubildende entstehen.

Die Landeigenen Wohnungsbaugenossenschaften erhalten darüber hinaus die Möglichkeit auf betriebseigenen Grundstücken Wohnraum für Mitarbeitende des Landes Berlin und den landeseigenen Gesellschaften zu schaffen.

Die Senatskommission für Wohnungsbau wird die Arbeit unter Leitung des Regierenden Bürgermeisters fortsetzen. Damit werden die Bezirke bei Bauvorhaben unterstützt, sowie Schwierigkeiten bei Großprojekten schnell gelöst.

Nachverdichtung bestehender Quartiere

Die Nachverdichtung wird als wichtige Säule des Neubaus definiert. Die soziale Infrastruktur, sowie Mehrwerte für die Nachbarschaft wollen berücksichtigt werden. Rechtliche Hürden, die die Aufstockung von Bestandsgebäuden verhindern, sollen abgebaut werden. Außerdem werden die Möglichkeiten der Überdachung von Supermärkten, Parkplätzen und anderen Gewerben forciert. Das Erreichen einer Genehmigung zum Bau von PV-Anlagen auf Parkplätzen vor Einkaufszentren und Supermärkten soll erleichtert werden.

Wichtiger Erfolgsfaktor zur Beschleunigung des Neubaus und damit zum Erreichen der ambitionierten Ziele ist ein kooperatives Miteinander zwischen der Senatsverwaltung und den Bezirken.

Alles gut macht das „Schneller-Bauen-Gesetz“

Durch die Einführung soll der Wohnungsbau beschleunigt werden. Für einen befristeten Zeitraum sollen u.a. „Regelungen zu verkürzten Fristen, schnelleren Verfahren, engerer Abstimmung und Verzahnung mit dem Baunebenrecht, sowie Flächenprüfungen in den Bezirken beschlossen werden.“. Baunebenrecht betrifft bspw. den Arten-, Natur- und Denkmalschutz.

Die Bauordnung wird mit dem Ziel der Verkürzung von Widerspruchsverfahren verändert. Unnötige Widerspruchsverfahren sollen bestmöglich vermieden werden. Die obere Denkmalschutzbehörde, sowie das Landesdenkmalamt werden wieder bei der für Bauen zuständigen Senatsverwaltung angesiedelt.

Mehr Neubau ist gut – und die Klimaziele?

Das klimaneutrale und innovative Bauen unter Einsatz von nachhaltigen Bauprodukten und Baustoffen wird verstärkt gefördert. Insbesondere wird zukünftig auf den Rohstoff Holz gesetzt. Auch Stoffkreisläufe und damit das Recycling von vorhandenen Baustoffen und die erneute Nutzung soll vereinfacht werden.

„Die Wärmewende muss für Mieter und Eigentümer sozialverträglich und bezahlbar gestaltet werden“. Sowohl für die Landeseigenen Wohnungsgesellschaften, als auch für den privaten Wohnungsbestand werden Förderprogramme in Aussicht gestellt. Die energetische Gebäudesanierung ist „ein zentraler Faktor für das Erreichen der Klimaneutralität Berlins“. Das Sanieren schließt die Gebäudehülle, sowie Haustechnik und den Einsatz von erneuerbaren Energien für die Wärmeversorgung ein. Der Fokus liegt hier auf den „Worst performing Buildings“. Diese werden identifiziert und in einer gemeinsamen Datenbank erfasst. Dem Worst-First-Ansatz folgend werden Sanierungsmaßnahmen in dieser Kategorie priorisiert.

Mieten und Wohnen

Die Koalition wird einen konsequenten Schutz der Mietenden unter Nutzung aller Instrumente auf Landes- und Bundesebene gewährleisten. Hierzu wird auf einen rechtssicher qualifizierten Mietspiegel gesetzt.

Die mit dem Bündnis für Wohnungsbau und bezahlbares Wohnen abgestimmt und vereinbarten Neubauziele und Maßnahmen zum besseren Mieterschutz werden bestätigt.

Die Koalition strebt die Einrichtung einer Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse an. Ergänzend sollen kostenfreie Mieterberatungen in den Bezirken verstetigt und stärker beworben werden. Das Land Berlin wird sich im Bundesrat für Gesetzesänderungen zum Mieterschutz einsetzen. Exemplarisch ist hier eine Kappungsgrenze bei Indexmietverträgen, sowie eine verbesserte Durchsetzbarkeit und Sanktionierung der Mietpreisbremse erwähnt.

Der Milieuschutz wird als geeignetes Instrument beschrieben und Bezirke sollen bei der Ausweisung neuer sozialer Erhaltungsgebiete unterstützt werden. Im Rahmen der AG Millieuschutz werden einheitliche Kriterien insbesondere im Hinblick auf Hemmnisse für energetische Sanierungen und Barrierefreiheit erarbeitet.

Berlin Berlin – quo vadis?

Für den künftigen Flächenbedarf wird die obere Bevölkerungsprognose zugrunde gelegt. Die Stadtentwicklungspläne Wohnen und Wirtschaften werden zeitnah novelliert, um weitere Potenziale für Stadtquartiere zu erschließen.

Das Stadtentwicklungskonzept Zentren 2030 wird überarbeitet. Ziel ist die Sicherstellung einer wohnungsnahen Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs. Neben den bestehenden Quartieren wird die Entwicklung von Neuen Stadtquartieren beschleunigt.

Die Nutzung der Baugebietskategorie „Urbanes Gebiet“ wird verstärkt genutzt. Das Hochhausleitbild soll evaluiert und weiterentwickelt werden. Im Grundsatz werden keine landeseigenen Grundstücke oder Wohnungen verkauft. Bei gemeinwohlorientierten Wohnungsbaugenossenschaften darf davon abgewichen werden.

Was ist eigentlich mit dem Tempelhofer Feld?

Die Möglichkeit einer behutsamen Randbebauung soll ausgelotet werden. Der überwiegende Teil bleibt als Freifläche bestehen. Das Feld soll einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität Berlins leisten.

Die Überbauung der A100 zur Gewinnung von Wohnungsbau, Kultur-, Grün- und Kleingartenflächen wird geprüft, sowie der schrittweise Rückbau der A104 umgesetzt.

Fazit:

Berlin wird weiterhin eine Mieterstadt bleiben. Die Priorität wurde durch die Koalition stärker auf die Klimaneutralität als auf die Erhöhung der Eigentümerquote gelegt. Ergänzend wird der Schutz von Mietenden gestärkt, was die Eigentümer und Selbstnutzerquote nicht erhöhen wird.

Die neue Regierung hat die Herausforderungen eines sozialverträglichen Umbaus des Wohnungsbestandes zur Klimaneutralität zwar beschrieben. Die konkreten Maßnahmen werden zeigen, wie ernst und umsetzbar diese Aufgabe sein wird.

Für den Neubau festigt sich der bereits durch die Förderprogramm auf Bundesebene gezeichnete Weg. Neubau wird nur dann gefördert, wenn hohe Anforderungen an Klimaneutralität eingehalten werden. Der Baustoff der Stunde ist -besonders wegen der Regeneration- Holz.

Quellen:

https://www.wahlen-berlin.de/wahlen/BE2023/AFSPRAES/agh/index.html

https://cdu.berlin/image/daten/news_20230404103151_koalitionsvertrag_20232026.pdf

Foto von Levent Simsek: https://www.pexels.com/de-de/foto/stadt-beleuchtung-nacht-wasser-13009490/

Jan Mehlkopf

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