Die Frage, ob Wohneigentum in der Vergangenheit günstiger war, als es heute ist, beschäftigt viele meiner Kunden. Oftmals berichten sie, dass es „früher“ wesentlich besser war und dass sie sich zu Zeiten ihrer Eltern auch den Traum vom Eigenheim hätten erfüllen können. Doch, stimmt das wirklich?
Prof. Dr. Michael Voigtländer und Hauke Wagner gehen in ihrem Podcast dieser Frage nach. Prof. Dr. Voigtländer ist studierter Volkswirt und seit 2011 Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Hauke Wagner hat ebenfalls Volkswirtschaftslehre studiert und leitet heute ein Unternehmen in der Immobilienbranche.
Um die Entwicklung der Erschwinglichkeit von Wohneigentum im Zeitverlauf zu beantworten, hat Prof. Dr. Voigtländer den „Erschwinglichkeitsindex“ entwickelt. Er hat Daten seit dem ersten Quartal 1980 gesammelt, aufbereitet und ausgewertet.
Prof. Dr. Voigtländer betont, dass der Vergleich von Kaufpreisen nicht zielführend ist, da sich das Einkommensniveau im Laufe der Zeit verändert hat. Kaufpreise waren zwar in absoluten Zahlen im Jahr 1980 niedriger als heute, aber auch die Gehälter. Während die Einkommen gestiegen sind, sind die Zinsen kontinuierlich gesunken. Obwohl die aktuellen Kreditzinsen angestiegen sind, liegen sie weit unter den Werten von über 8%, die einige Menschen in der Vergangenheit gezahlt haben.
Entscheidend für die Erschwinglichkeit sind nicht die Kaufpreise, sondern die Kosten für ein Darlehen. In Deutschland werden Finanzierungen oft über 30 Jahre oder mehr kalkuliert. Prof. Dr. Voigtländer verwendet zur Berechnung ein Volltilgerdarlehen mit einer Laufzeit von 30 Jahren. Diese Darlehen haben konstante monatliche Raten, die aus Zinsen und Tilgung bestehen.
Der historisch ungünstigste Zeitpunkt, um eine Immobilie zu kaufen, war das dritte Quartal 1981. Seitdem hat sich die Erschwinglichkeit stetig verbessert und lag im ersten Quartal 2015 auf dem Tiefpunkt. Seitdem hat sie sich um 36% verschlechtert, befindet sich aber immer noch auf einem besseren Niveau als 1980.
Die Schlussfolgerung ist klar: Immobilien sind heute im Vergleich zur allgemeinen Wahrnehmung erschwinglicher als in der Vergangenheit.
Obwohl die Eigentümerquote bis Mitte der 2000er gestiegen ist, gab es seit dem Wegfall der Eigenheimzulage keine signifikanten Veränderungen mehr. Offenbar gibt es andere Faktoren, die die Kaufbereitschaft dämpfen. Lassen Sie uns diese genauer betrachten:
Träume und Verzicht:
In den 1980er Jahren war den Immobilienkäufern bewusst, dass der Kauf Opfer erfordert. Diese Opfer wurden durch steigende Einkommen schnell ausgeglichen oder „erträglicher“. Langfristige Finanzierungen schützten vor inflationär bedingten Mieterhöhungen.
1991 vs. 2021 Wohnfläche:
Die heutigen Anforderungen an Wohnflächen sind höher. 1991 betrug die durchschnittliche Wohnfläche pro Person 34qm, 2021 waren es 47,7 qm. Die gestiegenen Anforderungen führen zu höheren Kosten.
Belastung durch Kaufnebenkosten:
Kaufnebenkosten, insbesondere die Grunderwerbssteuer, sind ein weiterer Belastungsfaktor. Die Steuer wird prozentual auf den Kaufpreis des Grundstücks und des Gebäudes berechnet.
Verzögerter Berufsstart und Familienplanung:
Die Familienplanung beginnt heute später aufgrund später Berufseinstiege und alternativer Konsummöglichkeiten. Dies führt dazu, dass junge Menschen weniger Ersparnisse haben.
Prof. Dr. Voigtländer skizziert auch zwei mögliche Zukunftsszenarien. Sinkende Inflation könnte zu sinkenden Zinsen und steigenden Immobilienpreisen führen. Andererseits könnte anhaltende Inflation zu dynamischeren Einkommenssteigerungen führen, was die derzeit festgelegten Raten erschwinglicher macht. Abschließend betont er, dass sich der Kauf einer eigenen Immobilie auch bei den aktuellen höheren Zinsen lohnen kann, da die Zinsen oft niedriger sind als die Miete, wenn man zukünftige Mietsteigerungen berücksichtigt. Interessenten sollten ihr Anforderungsprofil überprüfen und frühzeitig mit Finanzierungsexperten sprechen
Quellen:
https://overcast.fm/+bo6cIpoIg
https://www.h-brs.de/de/wiwi/prof-dr-michael-voigtlaender
