Zinswende der Zinswende?

Sinken die Immobilienpreise nun endlich?

Seit Anfang des Jahres sind die Bauzinsen sehr schnell und kräftig gestiegen. Baufinanzierungen haben sich damit zeitweise mehr als verdreifacht. Für viele Kaufinteressenten hat sich der Traum vom Eigenheim erheblich verteuert, teilweise sogar komplett erledigt. Gerade die Kunden, die schon länger auf der Suche nach ihrer Traumimmobilie sind, waren durch die nun deutlich veränderten Rahmendaten und den Einfluss auf ihr persönliches Budget sehr gefrustet. Einige haben die Suche -vorerst- bis auf Weiteres eingestellt und sich in den Sommerurlaub verabschiedet.

Zinswende im Juni abgesagt?

Mitte Juni erreichten die Bauzinsen einen langjährigen Höchststand. Die Inflation und der damit verbundene Kaufkraftverlust verschlechterten die Voraussetzungen weiter. Die Ära der günstigen Baufinanzierungen scheint vorbei zu sein.

Pünktlich zum Sommerloch dann der Turnaround am Zinsmarkt. Stand heute sind die Zinsen so günstig wie seit Monaten nicht mehr. Und das alles, obwohl die EZB doch die Leitzinsen deutlicher als angekündigt erhöht hat.

Erhöhung des Leitzinses war keine Überraschung

Unzählige Mal berichteten mir Kunden, dass sie durch die #Leitzinserhöhung von weiter deutlich steigenden Bauzinsen ausgehen. Dabei gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Leitzins und den Kreditzinsen.

Der Leitzins ist der Zinssatz den Bank erhalten, wenn sie bei der EZB Gelder anlegen. Die Kreditzinsen richten sich nach den sog. Kapitalmarktzinsen. Die Kapitalmarktzinsen ergeben sich aus den Renditen der langfristigen Anleihen. Anleihen sind eine Art von Krediten. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind die Staatsanleihen.

Diese sind bereits vor der Bekanntgabe der EZB-Entscheidung gestiegen. Der Kapitalmarkt hat diesen Zinsschritt -trotz, dass er höher als angekündigt ausgefallen ist- bereits eingepreist und damit erwartet.

Torschlusspanik macht sich breit, aber nur kurz…

Trotz oder gerade wegen der gestiegenen Zinsen stieg die Nachfrage im ersten Quartal um 21% im Vergleich zum ersten Quartal 2021 -so stark wie niemals zuvor. Die aktuellen Unsicherheiten und die Erwartung weiter steigenden Zinsen in Verbindung mit sinkender Kaufkraft führten zu der deutlich erhöhten Nachfrage.

Bereits zu Beginn des zweiten Quartals nahm die Kreditabfrage deutlich ab, lag aber immer noch 5,2% über dem Niveau des Vorjahres.

Für die zweite Jahreshälfte rechnen die Experten der #ING um @Carsten Brzeski mit einer Verlangsamung des Wachstums. Ein vollständiger Wegfall wird nicht erwartet. Im Ausblick auf 2023 wird sogar von sinkenden Bauzinsen ausgegangen.

Damit wird Erschwinglichkeit der Wunschimmobilie in diesem Jahr weitersinken, der Ausblick ins Jahr 2023 lässt allerdings hoffen.

Nachfrage schwächelt – Angebot aber auch

Kaufpreise werden bekanntlich von Angebot und Nachfrage beeinflusst. Die Nachfrageseite wurde bereits beleuchtet, betrachten wir nun ergänzend auf nach die Angebotsseite.

Das Angebot am Immobilienmarkt wird in zwei Teilbereiche unterteilt. Die vorhandenen -bereits genutzten- Wohnungen bilden den Bereich der Bestandsimmobilien. Der zweite Teil ist der Neubau.

Die bereits anhaltende Knappheit an Immobilien kann langfristig nur durch weitere -neue- Immobilie gelöst werden. Der Neubau ist damit ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Angebotes im Immobilienmarkt. Spätestens seit Beginn des Krieges in der Ukraine steckt dieser in der Krise. Die Verteuerung der Rohstoff führt in der Konsequenz zu einer empfindlichen Verteuerung der Verkaufspreise im Neubau. Durch die geringere Erschwinglichkeit reduziert sich die Nachfrage hier ebenfalls erheblich.

Durch die veränderten Rahmenbedingungen muss und wird sich der Immobilienmarkt neusortieren. Das hohe Preiswachtum scheint zunächst einmal vorbei zu sein, allerdings werden Preise durch den schwächelnden Neubau weiterwachsen.

Für das Jahr 2023 rechnen die Experten der ING mit einem erneuten Zuwachs der Nachfrage. Diese Prognose gilt unter der Annahme, dass der Arbeitsmarkt nicht stärker in Mitleidenschaft gezogen wird.

Fazit: Die Zinswende verlangsamt das Preiswachstum, führt aber eben nicht zur Preiswende.

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Quellen:

https://www.ing.de/binaries/content/assets/pdf/ueber-uns/presse/publikationen/2022/analyse_ing_zinswendeamimmobilienmarkt.pdf

https://www.focus.de/immobilien/kaufen/bestandsimmobilien-vor-comeback-neubau-steckt-in-der-krise-werden-einen-rueckgang-erleben-der-heftig-sein-wird_id_105968291.html

Jan Mehlkopf

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