Sinkende Preise vs. steigende Zinsen

„Die Immobilienpreise werden mit den steigenden Zinsen sicher fallen -wer kann sich das denn noch leisten?“, diese Aussage so oder sinngemäß höre ich aktuell häufiger. Besonders von den Kunden, die bereits über einen längeren Zeitraum nach der Traumimmobilie suchen, bislang nichts gefunden haben oder nicht zum Zuge gekommen sind.

Richtig ist, dass Immobilienpreise aktuell in fast allen Metropolen sinken. Die Ausnahmen bilden Köln und Berlin.

Die grundsätzliche Erwartung, dass Immobilienpreise sinken werden, setzt sich damit nun am Markt mehr und mehr durch. Viele Kunden reagieren aktuell verhalten und zurückhaltend. Kaufabsichten werden zurückgestellt. Als Hauptgrund werden nicht nur die Erwartung an sinkende Preise für Immobilien, sondern auch die Unsicherheit mit Blick auf die steigenden Energiekosten.

Führen sinkenden Kaufpreise in der aktuellen Lage zu einer Entlastung von Immobilienkäufern?

Die Frage klingt zunächst danach, dass sie sehr einfach und direkt zu beantworten ist. Die meisten sagen intuitiv „ja“. Das stimmt auch, wenn das Traumhaus heute nicht mehr EUR 500.000, sondern „nur“ noch EUR 400.000 kosten würde, werden EUR 100.000 gespart. Das entspricht einem Rückgang von 20% (!) des heutigen Kaufpreises.

Der Kaufpreis ist „nur“ eine Rechengröße

Eine der bekanntesten Kaufmannsregeln ist, dass die Rendite in einem günstigen Einkaufspreis liegt. Bei dieser Sichtweise wird das Vorhandensein von ausreichend Eigenkapital unterstellt. In dem Moment, wenn die Immobilie vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden kann und die Markterwartung sinkende Preise vorhersagt, kann die Aufschiebung der Kaufentscheidung grundsätzlich sinnvoll sein.

Durch die Reduzierung von Kaufpreisen wird das vorhandene Kapital mehr wert. Mit dem gleichen Kapitalaufwand kann -so die Markterwartung- in Zukunft eine -nach heutigen Maßstäben- teurere oder hochwertigere Immobilie erworben werden.

Diese Sichtweise ist in vielen Teilen realitätsfremd. Die meisten Käufer benötigen zum Erwerb weitere finanzielle Mittel. Für die Bereitstellung von Fremdkapital werden Zinsen fällig. Die Zinsen sind der Preis für das Geld. Diese sind für die Berechnung der monatlichen Belastung maßgeblich.

Werden die tatsächlichen Kosten für den Ankauf der Immobilie ermittelt, führen höhere Zinsen zu einer Gesamtkostensteigerung. Diese Kosten werden auf einen sehr langen Zeitraum verteilt. Die Laufzeit ist der Zeitraum bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens. Die Laufzeit beträgt oftmals über 30 Jahre.

Sinkende Kaufpreise bedeuten weniger Darlehen, weniger Darlehen bedeutet bedeutet weniger Zinsen

Durch das Sinken der Kaufpreise reduziert sich ebenfalls das notwendige Darlehn. Also die Basis für die Berechnung der Zinsen.

Wie hoch war die monatliche Belastung bisher?

Der vollständige Kaufpreis von EUR 500.000 wird finanziert. Für dieses Darlehen werden 2% Zinsen und 2% Tilgung berechnet. Die monatliche Rate beträgt EUR 1.666. Die kalkulatorische Laufzeit beträgt 34 Jahre und 9 Monate.

Die Berechnung der genauen Darlehenslaufzeit ist nicht ohne weiteres. Nach Auslauf der Zinsbindung wird der Zinssatz zu den üblichen Marktzinsen neu festgeschrieben. Da diese Zinssatz nicht zuverlässig vorher gesagt werden kann wird die Darlehenslaufzeit unter gleichbleibenden Rahmendaten berechnet.
Auch wenn die Absicherung des offenen Darlehens am Ende der Zinsbindung bspw. durch einen Bausparvertrag erfolgt, können Sondertilgungs- und Sonderzahlungsoptionen genutzt werden. Diese Zahlungen beeinflussen die Laufzeit ebenfalls. Die Nutzung dieser Optionen werden in dieser Berechnung vernachlässigt.

Wie hoch ist die monatliche Belastung mit niedrigeren Kaufpreisen?

Für das zweite Rechenbeispiel wird ein Rückgang des Kaufpreise um 20% unterstellt. Diese Entwicklung wäre für den Immobilienmarkt so erheblich, dass massive wirtschaftliche Problem und eine deutliche Steigerung des Angebotes in Verbindung mit einem erheblichen Rückgang der Nachfrage Grundlage sind. Der neue Kaufpreis in diesem Szenario beträgt EUR 400.000.

Diese EUR 400.000 werden zu einem Zinssatz von 4% finanziert. Die Zinsen sind deutlich gestiegen. Es wird weiterhin eine anfängliche Tilgung von 2% erbracht. Die monatliche Rate beträgt unter diesen Rahmendaten EUR 2.000. Die Laufzeit reduziert sich erheblich auf 27 Jahre und 7 Monate.

Wie kann das sein?

Die stark gestiegenen Zinsen führen zu einer deutlich höheren monatlichen Belastung. Die kürzere Darlehenslaufzeit hängt mit der Berechnungsgrundlage des Annuitätendarlehens zusammen. Mehr zu der Konstruktion des Annuitätendarlehens finden Sie hier.

Wer kann sich das noch leisten?

Durch die bisher sehr niedrigen Zinsen wurden von vielen Banken Mindestanforderungen an die Rückzahlung definiert. Viele erwarten daher mittlerweile eine Mindesttilgung von 2%. Mit dieser Maßnahme sollten extrem lange Darlehenslaufzeiten verhindert werden. Genau diese Regelung führt durch die gestiegenen Zinsen zu einer deutlichen Reduzierung der Darlehenslaufzeiten.

Genau deshalb verändern einige Banken die Anforderungen an die Rückzahlung. Einige Bank erwarten „nur“ noch eine anfängliche Tilgung von 1,5%.

Wie hoch ist die monatliche Belastung bei verringerter Tilgung?

Das benötigte Darlehen beträgt EUR 400.000. Der Zinssatz sind nach wie vor 4% und die anfängliche Tilgung wird auf 1,5% reduziert. Damit beträgt die monatliche Belastung EUR 1.833. Die kalkulatorische Laufzeit steigt auf 32 Jahre und 7 Monate.

Viele meiner Kunden wünschen die vollständige Rückzahlung des Darlehens bis zum Renteneintritt. Da die meisten Kunden zwischen 30 und 40 Jahre alt. Daher steht die Erhöhung der kalkulatorischen Laufzeit für diesem Ziel nicht entgegen.

Was bedeutet das nun?

Sinkende Kaufpreise in Verbindung mit aktuell steigenden Zinsen werden nicht zu einer monatlichen Entlastung der Käufer führen. Höhere Zinsen haben einen stärkeren Einfluss auf die monatliche Belastung als sinkende Kaufpreise.

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Quellen:

https://www.handelsblatt.com/finanzen/immobilienpreise-wie-sich-die-preise-fuer-haeuser-und-wohnungen-jetzt-entwickeln/28625988.html

https://www.sparkasse.de/themen/eigenheim-finanzieren/das-richtige-alter-beim-immobilienkauf.html

Foto von Liza Summer: https://www.pexels.com/de-de/foto/frau-laptop-bett-schlafzimmer-6348126/

Jan Mehlkopf

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